Die BPR (Verordnung über Biozidprodukte) trat 2013 in Kraft. Sie regelt nicht nur die Biozidprodukte, die wir nutzen, sondern auch Artikel, die in der EU mit einem Biozidprodukt ausgerüstet wurden. Sie werden offiziell ‘ausgerüstete Artikel’ genannt. Das ist einer der entscheidenden Unterschiede zwischen der BPR (Verordnung über Biozidprodukte) und ihrer Vorgängerin, der BPD (Biozidprodukte-Richtlinie), die ausschliesslich Wirkstoffe und Biozidprodukte umfasste.
Der neue, erweiterte Anwendungsbereich gilt für jegliches Produkt auf dem Markt, bei dem für eine Biozidwirkung ein Biozidprodukt eingesetzt wurde. Somit sind deutlich mehr Unternehmen von der Verordnung betroffen als. Obwohl die Regelung bereits seit sieben Jahren in Kraft ist, stellt sich die Frage, weshalb auf dem gesamten EU-Markt immer noch so viele nicht-konforme Produkte zu finden sind.
Zum einen scheint es eine Grauzone zwischen einem Biozidprodukt (z. B. Mückenspray) und einem ausgerüsteten Artikel (z. B. ein Zelt, bei dem zur Mückenabwehr ein Biozid-Wirkstoff einsetzt wurde) zu geben. In einer im Jahr 2016 durch die Swedish Chemical Agency (KEMI) durchgeführten Umfrage sollten 9 EU-Mitgliedsstaaten 10 Grenzprodukte als Biozidprodukt oder als ausgerüsteten Artikel einstufen. Die 9 befragten Verantwortlichen der EU-Mitgliedsstaaten waren sich lediglich bei einem einzigen der Produkte einig. Dies verdeutlicht die Dimension der Herausforderung bei der Einhaltung der Verordnung über Biozidprodukte BPR. Im Rahmen dieses Artikels werden wir uns mit den vielschichtigen Gründen befassen, weshalb ‘ausgerüstete Artikel’ möglicherweise noch nicht BPR-konform sind.
Wissen EU-Hersteller von der BPR?
Zahlreiche Hersteller haben einen Verantwortlichen für regulatorische Belange in ihrem Team oder konsultieren von Zeit zu Zeit einen externen Experten. Zudem haben zahlreiche relevante nationale Verbände und Institutionen, denen die Hersteller angehören, Informationsmaterial an ihre Mitglieder versandt. Die National Bed Federation im Vereinigten Königreich hat beispielsweise Weiterbildungsseminare zum Thema BPR für ihre Mitglieder angeboten.
Es entsteht der Eindruck, dass es insbesondere die kleineren Unternehmen sind, die keine Detailkenntnis über antimikrobielle Produkte und die BPR haben. Hier entsteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass diese Unternehmen früher oder später kontrolliert werden, und ihre Lieferanten, die eingesetzten Biozidprodukte oder die Produktansprüche ändern müssen.
Ein Hersteller oder Importeur, der einen ausgerüstete Artikel in den EU-Markt einführt, ist für die Einhaltung der BPR verantwortlich, selbst wenn er die Ware an einen anderen Hersteller oder Einzelhändler verkauft.
Wissen EU-Importeure von der BPR?
Häufig sind Importeure nicht umfassend mit regulatorischen Fragen vertraut. Sie konzentrieren sich eher auf logistische Vorschriften.
So ist es möglich, dass Importeure nicht wissen, dass die BPR auch für Artikel gilt, die aus Nicht-EU-Ländern in EU-Länder importiert werden. Die BPR sieht vor, dass die Verantwortung, Vorschriften einzuhalten, bei dem Unternehmen liegt, das Artikel auf dem EU-Markt zum Verkauf anbietet. Zuweilen sind sich Importeure nicht der Tatsache bewusst, dass sie beim B2B-Vertrieb innerhalb der EU ggf. dafür verantwortlich sind, nicht BPR konforme ausgerüstete Artikel vermarktet zu haben.
Eine Vielzahl an Wirkstoffen in Biozidprodukten, die in weiten Teilen der Welt häufig eingesetzt werden, sind in der BPR jedoch nicht zugelassen. Jegliche Artikel, die mit nicht zugelassenen Wirkstoffen oder solchen Wirkstoffen ausgerüstet wurden, die nicht in der Liste mit zu prüfenden Stoffen enthalten sind, dürfen ggf. nicht legal in der EU verkauft werden.
Wissen Einzelhändler von der BPR?
Einzelhändler sind diejenigen, die am seltensten eine umfassende Kenntnis von der BPR haben. Erneut sei darauf hingewiesen, dass grosse nationale oder multinationale Einzelhändler eher regulatorische Kapazitäten besitzen, während kleinere Einzelhändler an dieser Stelle häufiger Lücken aufweisen.
Die BPR ist ein fachliches Dokument, welches möglicherweise leicht für Chemiker und Verantwortliche für regulatorische Belange zu verstehen ist, jedoch sicherlich weniger zugänglich für Einzelhändler ist. Vor diesem Hintergrund ist leicht nachzuvollziehen, dass Einzelhändler unwissend nicht BPR-konforme ausgerüstete Artikel verkaufen, die aus einem Land ausserhalb der EU importiert wurden oder von kleineren Importeuren oder Herstellern geliefert wurden, die nicht oder nur teilweise konform handeln.
Welche Massnahmen zur Durchsetzung gibt es?
EU-Mitgliedsstaaten sind für die Durchsetzung der BPR in ihrem Bereich verantwortlich. Bisher wurden die Durchsetzungsmassnahmen nur schleppend durchgeführt, da das Überprüfungsprogramm für Biozid-Wirkstoffe noch läuft und viele Biozide derzeit noch evaluiert werden. Nichtsdestoweniger ist davon auszugehen, dass zahlreiche häufig eingesetzte Biozid-Wirkstoffe in ausgerüsteten Artikeln verwendet werden und als ‘nicht genehmigt’ gekennzeichnet wurden. Dies ist folglich ein Fall für die Durchsetzung. (Was soll das heissen?)
EU-Mitgliedsstaaten haben individuell Informationen zu ihren Durchsetzungsplänen veröffentlicht und dabei meist auf Einhaltung statt auf Bestrafung gesetzt. Diese Durchsetzungspläne beinhalten Bildungsmassnahmen, Warnungen und Mitteilungen, bevor gravierende rechtliche Schritte unternommen werden.
Die Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, 2020 Berichte vorzulegen
Eine der zentralen Massnahmen der BPR zur Gewährleistung der Einhaltung unter den EU-Mitgliedsstaaten ist, dass jeder Mitgliedsstaat ab 2015 alle 5 Jahre einen Bericht vorlegen muss. Auf diese Weise wird der Fortschritt messbar. Der erste Bericht ist 2020 fällig. Im Anschluss daran werden wir Zugang zu Daten über die Einhaltung der Regelungen über ausgerüstete Artikel in der gesamten EU haben.
Wussten Sie, dass ein konformes Biozidprodukt nicht ausreicht, um BPR-konform zu sein?
Die BPR erfordert die Einhaltung spezifischer Anforderungen. Die schlichte Verwendung eines konformen Biozidprodukts entspricht nicht automatisch der Einhaltung der Regelungen über ausgerüstete Artikel. Sie sind dazu verpflichtet, folgende Punkte nachweisen zu können:
Verwenden Sie für den richtigen Produkttyp den richtigen Wirkstoff?
Viele von Ihnen werden antworten ‘Ja, natürlich, die von uns eingesetzten Biozide wirken gegen die Mikroben, die wir vermeiden wollen’ – das ist jedoch lediglich ein Teil der Antwort. Die BPR lässt lediglich bestimmte Wirkstoffe für bestimmte Endprodukte oder ‘ausgerüstete Artikel’ zu (wie sie in der BPR genannt werden).
So ist es z. B. möglich, dass ein Wirkstoff als Zusatz in Textilien zugelassen ist, während er für die Verwendung in Baumaterialien keine Zulassung hat, obwohl dasselbe Biozidprodukt in beiden Produkten effizient gegen Bakterien wirkt. Demnach müssen Sie nicht nur prüfen, ob Ihr Wirkstoff BPR-konform ist, sondern auch, dass er für den gewünschten Verwendungszweck zugelassen ist. Dieser Aspekt der BPR wird leicht übersehen. In unserem kostenlosen BPR-Leitfaden über ausgerüstete Artikel erhalten Sie einen Überblick über die Produkttyp-Tabelle und Links, um zu überprüfen, ob der von Ihnen eingesetzte Wirkstoffe für Ihr Produkt zugelassen ist.
Welche Angaben machen Sie genau?
Wenn der Wirkstoff in Ihrem Biozidprodukt nicht als antibakteriell eingestuft wird, können Sie nicht angeben, dass der ausgerüstete Artikel antibakteriell ist. Ferner können Sie keine Angaben wie ‘Eukalyptusöl tötet Hausstaubmilben’ machen, wenn die Ware in Wirklichkeit Milben nur abschreckt. Stellen Sie sicher, dass Sie Ihre Angaben vorsichtig und präzise formulieren, denn früher oder später wird dies bei einer Kontrolle durch die Behörden entdeckt.
Gleiches gilt in folgendem Fall: Sollten Sie eine Biozidwirkung angeben, ohne hierzu ein zugelassenes Biozidprodukt eingesetzt zu haben, werden Sie Daten benötigen, die diese Angaben zu untermauern. Andernfalls werden Sie Ihre Angaben löschen oder ändern müssen.
Kennzeichnen Sie Ihre Produkte korrekt?
Die BPR beinhaltet klare Kennzeichnungsvorschriften. Zusätzlich gilt die Regel, dass Sie auf Anfrage einer Person (oder eines Unternehmens) zu den eingesetzten Biozidprodukten zusätzliche Informationen zur Verfügung stellen müssen. Erneut sei darauf hingewiesen, dass die Einhaltung dieser BPR-Regelung häufig von Marken übersehen wird. Das Thema Kennzeichnung betrifft somit Marketing, Kundenservice, den Vertrieb und Product Manager innerhalb Ihres Unternehmens.
Die Umfrage der Swedish Chemical Agency hat ergeben, dass 2016 82 % der ausgerüsteten Artikel nicht BPR-konform gekennzeichnet waren. In derselben Umfrage wurden zusätzliche Informationen zu Bioziden von 45 Einzelhändlern von ausgerüsteten Artikeln angefordert: Zwar antworteten 64 % der Einzelhändler, jedoch legten lediglich 29 % die richtigen Informationen vor.
Artikel 58 sieht vor, dass aus der Kennzeichnung Ihres ausgerüsteten Artikels eine biozide Eigenschaft hervorgehen muss und dass Sie den Wirkstoff sowie jegliche eingesetzte Nanomaterialien angeben müssen. Detaillierte Beispiele einer BPR-konformen Kennzeichnung finden Sie in unserem E-Book: BPR-Leitfaden über ausgerüstete Artikel.
Derzeit reicht ein Blick in die Regale Ihres lokalen Supermarktes aus, um zu beweisen, dass immer noch nicht-konforme Produkte verkauft werden. Sie werden wahrscheinlich Produkte finden, die nicht den BPR-Kennzeichnungsvorschriften entsprechen, selbst wenn ihre Biozid-Wirkstoffe allesamt BPR-konform sind.
Zwar ist verständlich, dass Marketing- und Produktteams ungern Details über Biozid-Inhaltsstoffe auf der Verpackung aufführen, jedoch gibt es Wege, die BPR effizient als Alleinstellungsmerkmal und im Sinne der vom Kunden geforderten Transparenz (eingefügt) einzusetzen. Lesen Sie hierzu in unserem Blog ‘Wege, die Einhaltung der BPR als Alleinstellungsmerkmal für Ihr Produkt zu nutzen’.
Wünschen Sie sich mehr Informationen über ausgerüstete Artikel und die BPR?
Unser Team mit Experten aus den Bereichen Technik, Recht und Marketing haben einen kostenlosen BPR-Leitfaden über ausgerüstete Artikel erstellt. Klicken Sie auf diesen Link, um ihn einzusehen. Das Besondere an diesem Leitfaden ist, dass er für jene verfasst wurde, die nicht über einen grossen Erfahrungsschatz in Chemie oder regulatorischen Belangen verfügen. Der BPR-Leitfaden über ausgerüstete Artikel ist leicht verständlich und sollte Ihnen auf Ihrem Weg zur Einhaltung der Verordnung helfen.